Eeva-Liisa Manner: Das Mädchen auf der Himmelsbrücke

Leena bekam Sehnsucht. Nicht unbedingt nach dem Vogel oder fremden Ländern, sondern nach etwas, das sie nicht erklären konnte. Der Vogel musste aufbrechen, er war ein Zugvogel, und nun war es Herbst und das Wasser kalt. Aber auf irgendeine Weise bekam sie von seinem Aufbruch Sehnsucht. Sie bekam bei jedem Aufbruch Sehnsucht. Und trotzdem brachen sie alle auf – der Sommer, der Herbst, die Wärme, der Vogel –, nur sie blieb zurück. Wie vergessen. Jemand vergaß sie … vergaß, sie mitzunehmen.

Eeva-Liisa Manner (1921–1995) wurde in Helsinki geboren. Manner, die vielfach ausgezeichnet wurde – allein sieben Mal mit dem finnischen Staatspreis –, lebte bis zu ihrem Tod 1995 zurückgezogen, scheute öffentliche Auftritte und Interviews. Ab den 1960er Jahren hielt sie sich mehrere Monate des Jahres in Andalusien auf, wo sie bei Málaga ein Haus besaß, und bereiste Nordafrika, Griechenland, Polen und Japan. Eeva-Liisa Manner schuf neben ihrer Lyrik, Theaterstücken und Kurzprosa auch ein bedeutendes Übersetzungswerk, brachte u. a. Hesse, Kafka, Büchner, Shakespeare und Lewis Carroll ins Finnische.

Eeva-Liisa Manner: Das Mädchen auf der Himmelsbrücke. Aus dem Finnischen von Maximilian Murmann. Guggolz, Berlin 2022. 22 €