Kathleen Collins: Nur einmal

Wir sind im Jahr, in dem die Grenzen zwischen den Rassen, Religionen und Ethnien verwischen: In Montclair, New Jersey; Brookfield, Massachusetts; Hartford, Connecticut; Mount Vernon, New York und Washington, D.C. – den verborgenen Enklaven der SCHWARZEN BOURGEOISIE (so heißt ein Buch, das in einer namenlosen Kleinstadtbücherei aus dem staubigen Regal gezogen wird, kurz darauf als Taschenbuch erscheint und einen bis dahin namenlosen »schwarzen« Soziologen schlagartig berühmt macht) – müssen »schwarze« Eltern erleben, wie ihre Kinder sich gegen das bürgerliche Streben nach Ent-Ghettoisierung auflehnen. Ihre Söhne werden für die Freiheit ins Gefängnis gehen (was in den Augen der Eltern nicht besser ist, als würden sie wegen bewaffneten Raubüberfalls, Drogenhandels, Zuhälterei oder anderer ethnientypischer Straftaten hinter Gittern landen). Ihre Töchter werden sich zum Beten auf die staubigen roten Straßen Georgias knien, als hätten sie ihre erste Begegnung mit dem Glauben nicht auf den hübschen samtenen Bänken in der Episkopalkirche gehabt. Die ersten »Farbigen« in Medizin, Rechtswesen, Politik, Pädagogik und Maschinenbau, im Baseball, Basketball und Tennis, in der biochemischen Forschung, in der Armee und in der Filmindustrie werden gebeten, vorzutreten und über ihren Erfolg zu sprechen. Der Name Ralph Bunche wird bald jedem Amerikaner ein Begriff sein. Jeder, der etwas auf sich hält, wird mindestens einmal einen »Schwarzen« zum Essen mit nach Hause bringen. Es ist das Jahr des Menschen. Es ist 1963: Was ist nur aus der Liebe zwischen den Rassen geworden?

Nachdem Kathleen Collins mit nur 46 Jahren 1988 an Krebs gestorben war, stopfte ihre 19-jährige Tochter Nina die Papiere ihrer Mutter in einen großen Koffer, der lange Zeit mit ihr um die ganze Welt reiste. Es sollte 18 Jahre dauern, bis Nina endlich hineinsah. Sie fand sechs oder sieben Theaterstücke, ein halbes Dutzend Drehbücher, Briefe, ein Tagebuch und Short Storys.

Kathleen Collins: Nur einmal. Aus dem amerikanischen Englisch von Brigitte Jakobeit und Volker Oldenburg. Kampa Verlag 2018. 20€