Candice Fox: Missing Boy

Während es hier zu warm ist, ist es dort zu heiß und zwar eigentlich immer in dieser Jahreszeit – im Sommer. Im Norden kommt noch eine sumpfige Feuchtigkeit dazu, ein Klima, das alles abverlangt. Die sind hart im Nehmen, die Australier, auf jeden Fall was das Klima betrifft. Doch auch die dortige Krimi-Szene lässt sich nicht lumpen, da wird Tacheles geredet.
Lustig, manchmal boshaft wird zum Beispiel ganz en vogue Gender-Crossing verhandelt: Hier der Softie: Ein zum Detektiv verkommener Expolizist, der zu Unrecht als Mädchenschänder angeklagt wurde und nun quasi fern von seiner Heimat versucht, eine neue Existenz aufzubauen. Dort das Gegenteil: Die Arbeitgeberin von Ted Conkaffey ist die verurteilte Mörderin Amanda Pharrell, die ihre Strafe abgebüßt hat und nun Verbrechern, der Polizei und allen Spießern das Leben schwer macht. Ted und Amanda bilden seit drei Büchern ein Ermittler-Duo, das sich nicht nur über Konventionen hinwegsetzt, sondern auch über Geschlechtergrenzen. Deren Erfinderin, die Autorin Candice Fox, ein Naturtalent, sorgte schon auch hierzulande mit einer irren Schrottplatz-Kinder-Trilogie für Furore, im dritten Band dieser aktuellen Reihe verschwindet ein Junge spurlos aus einem Hotel, während Ted Besuch bekommt von seiner kleinen Tochter, die seit den verhängnisvollen Geschehnissen bei ihrer Mutter lebt. Klar, dass da die alte Geschichte wieder mit rein spielt, überhaupt wird viel über Kinder und Kindsein philosophiert. Und wie immer in guten Kriminalromanen das Genre selber ein wenig entlarvt. Fox beginnt „Missing Boy“ mit einem Sherlock Holmes mäßigen Rätsel und endet im alltäglichen Wahnsinn.

Candice Fox: Missing Boy. Suhrkamp, Hamburg 2019. 373 Seiten. 15,95€