Tod den Investoren
von Joachim Schneider
Hier wird die Linke feierlich aber auch mit einer gehörigen Portion Wut zu Grabe getragen. Würde doch auch in unser Land passen. In Anbetracht der durchgesickerten Koalitionsergebnisse der Ampel und dem Versagen der linken Partei. Doch natürlich ist Deutschland nicht Griechenland und die Finanzkrise hierzulande eine Lappalie im Vergleich zum aberwitzigen Ausverkauf des Mittelmeer-Landes und zur Verarmung der dort lebenden europäischen Bürger*innen.
Selbstredend ist Petros Markaris‘ neuester Kriminalroman „Das Lied des Geldes“ nicht nur aufgrund dieser grotesken Beerdigung lesenswert, zumal diese quasi den Ausgang bildet für eine Reihe bemerkenswerter und mitunter auch tödlicher Vorkommnisse. In seinem 13. Fall muss Kostas Charitos den Mord an einem Saudi aufklären, der offensichtlich seine Fühler nach lukrativen Investitionsobjekten ausstreckte. Inzwischen ist der Kommissar zum stellvertretenden Kriminaldirektor befördert worden, während sein alter kommunistischer und mittlerweile parteiloser Freund Labros nach Solidarität und Anteilnahme in der Gesellschaft sucht. Seine öffentlichen Aktionen gegen die Armut bilden einen kleine Nebenhandlung, Charitos, der Bulle, hält dabei seine schützende Hand über die bald multinationalen Kundgebungen.
Markaris Reihe um den legendären und auch geläuterten Kommissar genießt schon länger Kultstatus. Wie der berühmte Autor und Übersetzer unlängst in einem taz-interview sagte, lasse ihn die Finanzkrise einfach nicht mehr los. Mittlerweile schon der achte Kriminalroman um Charitos thematisiert das wirtschaftlichen Elend Griechenlands. Keine Besserung in Sicht. Nun verarmt der Mittelstand, die gut ausgebildeten Jungen bekommen keine Jobs. Investoren aus dem Ausland sollen es richten. Wer dabei auf der Strecke bleibt, kündigt sich schon an. Egal.
Auf jeden Fall sitzt im Roman „Das Lied des Geldes“ dem Chefermittler der Mord im Nacken, da von höchster Stelle Dringlichkeit geboten wird: Griechenland darf die wichtigen Investoren aus dem Ausland nicht vergraulen. Doch jene Tat war nur der Anfang einer Serie.
Charitos und sein nicht minder fleißiges Team kommen gehörig ins Schwitzen, Entspannung findet der Kriminaler bei seinem frisch geborenen Enkel, der Lambros heißt wie sein kommunistischer Freund. Das klingt zu schön um wahr zu sein. In der Tat hat der 84-jährige Altmeister in seinen routinierten und auch raffinierten Polizeiroman eine kleine Utopie reingeschmuggelt. So respektvoll und vernünftig gehen die Protagonisten – außer den Politikern – miteinander um. Zyniker nennen das Sozialkitsch, doch dieses soziale Miteinander wirkt ungeheuer wertvoll und ist doch nur eine eine Facette in diesem entspanntem Alterswerk, denn verschmitzt veralbert Markaris schickes Gourmetgekoche in Kriminalromanen und macht sich ebenso lustig über inszeniertes Serienkiller-Theater. Was wird sein, wenn die Alten nicht mehr da sind?
Petros Markaris, geboren 1937 in Istanbul, ist Verfasser von Theaterstücken und Schöpfer einer Fernsehserie, er war Co-Autor von Theo Angelopoulos und hat deutsche Dramatiker wie Brecht und Goethe ins Griechische übertragen. Mit dem Schreiben von Kriminalromanen begann er erst Mitte der neunziger Jahre und wurde damit international erfolgreich. Er hat zahlreiche europäische Preise gewonnen, darunter den Pepe-Carvalho-Preis sowie die Goethe-Medaille. Petros Markaris lebt in Athen.
Petros Markaris: Das Lied des Geldes. Übersetzt aus dem Griechischen von Michaela Prinzinger. Diogenes Verlag. 24 Euro.