Reisen ohne Ziel
Es geht auf Weihnachten zu, sanfter beseelt wird der argentinische Spätfrühling in den Parks, an Abenden, da wir kein Geld haben, pflege ich manchmal mit einem Kameraden hindurchzupilgern. Auf dem Dach des Kartenhauses ist die Kapuzinerkresse des Kapitäns in ihren Blumenkästen aufgeblüht. Mitunter, wenn der Alte abends an Land ist, steige ich hinauf und schaue sie mir an. Irgendwie habe ich Anteil daran, denn ich war es (wenn auch während der Arbeitszeit), der die Erde in Paranaguá an Bord geholt hat. Fette, schwarze brasilianische Krume, die jetzt gekrönt wird von den empfindlichen Blütenkelchen der Kapuzinerkresse. Die Heimat der Kresse ist gewiss Indien, aber diese Samen hat der Kapitän in einer Papiertüte mitgebracht aus einem Garten in Odense auf dem weizenhellen Fünen, wo die Erde flachsblond und nordisch ist. Sicher war es eine üppige, blumenfrohe Dänin mit gutem Appetit, welche die Samen in die Tüte kullern ließ.
Harry Martinson: Reisen ohne Ziel. Aus dem Schwedischen von Verner Arpe und
Klaus-Jürgen Liedtke. Guggolz Verlag ,408 Seiten. 23€
Podcast
Im Gespräch:
Michael Schwarz mit dem Journalisten Jürgen Reuß
Lesestimme: Sebastian Reiß
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